Wald

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Donnerstag, 17. September 2015

Beschäftigungstherapie

Über Frauen von Männern, die ihr eigenes Unternehmen haben, gibt es jede Menge Vorurteile. Sie müssen zum Beispiel beschäftigt werden, damit sie nicht "am Rad drehen". Dafür wurden die sogenannten "Projekte" erfunden (der Volksmund spricht hier von "Beschäftigungstherapie").
Frauen von Chefs haben, bevor sie Hausfrau und Mutter wurden, früher mal irgendetwas gelernt, wo heute kein Hahn mehr nach kräht. Aber nun sind die Kinder erwachsen und aus dem Haus, ihre Hobbys füllen die Frauen der Chefs nicht mehr aus und sie suchen händeringend nach Aufgaben, die ihrer würdig sind. Etwas wichtiges, etwas relevantes, etwas mit Einfluss. Etwas, was der Umwelt zeigt: Nein, dies hier ist nicht nur eine ehemalige Hausfrau und Mutter, die ihre Karriere geopfert hat. Nein, dies hier ist eine Karrierefrau, die trotz einiger Jahre Auszeit noch immer ganz oben mitmischt.
Und wo könnte man derartige Wünsche besser ausleben, als in der Firma des eigenen Mannes?
Nun, man nistet sich also in der Firma ein und überlegt sich etwas, was angesagt ist. Nach Wochen und Monaten dann endlich die Idee: Ein Blog muss her. Ein eigener Blog, der monitär an die Firma gekoppelt ist, ihr aber null Mehrwert bietet. Erst einmal. Langfristig wird das Ding einschlagen wie eine Bombe, wie eine virtuelle Gelddruckmaschine. Oder so. Blogs sind total gefragt und funktionieren im World Wide Web sicher auch ungemein erfolgreich. Vor allem, weil ja sonst kaum jemand auf die Idee kommt, einen Blog zu erstellen, und über Dinge zu schreiben. Nein, das ist wirklich eine ganze hervorragende Idee!
Problem allerdings: die Frau vom Chef hat keine Ahnung von Technik oder Computerprogrammen, erfasst die Gesamheit und Größe des Internets nicht einmal in seinen Grundzügen und sie ist außerdem keine wirkliche Schreibernatur. Sie kümmert sich halt um den kreativen Teil, die Untergebenen (=Angestellten ihres Mannes) kümmern sich um den Rest.
Für die Einrichtung des Blogs wird die betriebseigene IT-Abteilung eingespannt - die hat ja sonst nichts zu tun. Weitere Untergebene bekommen den Auftrag, monatlich mehrere Artikel für den Blog zu schreiben, so dass "Content" auf die Seite kommt. Woher die Zeit nehmen, wenn nicht stehlen? Na, das werden die Untergebenen sich halt irgendwie "hinstrukturieren" müssen.
Das Praktische zu Zeiten des Internet ist eben: muss man nichts mehr aus dem Kopf wissen - man muss nur wissen, wo man's nachlesen kann. Oder, in diesem Fall: wen man damit beauftragen kann. Und das kann die Frau vom Chef, gerade, wenn eben dieser Chef soviel Angst vor seiner ihm Angetrauen hat, dass er sich komplett raushält und sie einfach machen lässt. Und wenn dabei ein wenig Kohle den Bach runtergeht und auf nimmer Wiedersehen verschwindet, ist das auch nicht so dramatisch. Was soll's, ist doch nur Geld. Dafür ist die Frau beschäftigt und der Chef hat seine Ruhe - im Gegensatz zu den ihm Untergebenen. Die haben mehr Arbeit für gleiches Geld, mehr Stress und entwickeln einen größeren Menschenhass. In diesem Sinne...

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